seit 2016 Stadtwesen

Das Stop-Motion-Trickfilm Projekt STADTWESEN stellt Alltagsszenen im öffentlichen Raum dar. Jeder der geplanten 19 Kurzfilme spielt an einem gezielt ausgewählten öffentlichen Ort. Hier halten sich Menschen auf, dargestellt durch die Dinge, die sie mit sich führen: Taschen, Jacken, Telefone, Rollatoren, Kinderwägen, Geldbeutel. Die Dinge werden zu Akteuren, sie bewegen sich und gelegentlich sprechen sie sogar, aber die Satzfetzen ergeben keinen Sinn. Ihre Befindlichkeiten erahnt man durch die Geräusche die sie von sich geben: sie räuspern sich, stöhnen, schniefen, kichern. Alleine unterwegs verhalten sie sich gelegentlich zueinander, aber bleiben meist für sich. Sie kaufen ein, müssen warten, treten als Gruppe auf, behindern sich gegenseitig oder gehen sich aus dem Weg. Die Situationen lösen Empfindungen wie Einsamkeit, Isolation, Konsumdruck, Konkurrenz aus, ob man möchte oder nicht. Durch die Anonymität zeigt man seine Gefühle aber nicht.
Die Filme erzählen die Orte in aneinander gereihten Szenen. Bewusst soll hier keine Geschichte erzählt werden, die kurzen Sequenzen zeigen lediglich typische Handlungsabläufe an einem bestimmten Ort, eine Tankstelle, ein Einkaufszentrum, eine Bahnhofspassage, ein Warteraum in einem Amt. Die Filme beschreiben mögliche Erfahrungen dort und finden formale Wege diese zu unterstreichen, z. B. schnelle Schnitte, lange statische Einstellungen, extreme Naheinstellungen. Die Inszenierung der Orte ist sorgfältig geplant und umgesetzt. Der Film wird getragen vom Szenenbild, die Szenen fügen sich ein. Alle Filme laufen in Endlosschleife, die Szenen spielen sich gleichmäßig und andauernd ab. Normale Alltagsgeräusche der Stadt untermalen die Szenen, Vögelzwitschern, Autos fahren, Stühle quietschen, Rolltreppen laufen, Flugzeuge fliegen, Krankenwagen heulen, Einkaufswägen werden eingeparkt.
Die Fotos werden in Modellen aufgenommen. Auch die Akteure sind Miniaturen vorgefundener Dinge. Die Vorlagen für die Filmsets sind die spontan entstandenen Schnappschüsse der Orte. Durch gezielte Manipulationen von Größenverhältnissen und Perspektiven, von Farben und Strukturen, wird die Ästhetik und Technik der uns heute vertrauten und überall begegnenden fotografischen Bilder übersetzt. Ich imitiere extreme Weitwinkel, Superschärfe der Fotos und überzogene Farbbrillanz. Im Foto erscheinen die Modelle dann ähnlich realistisch wie die Fotos der Vorlagen. Der Bau der Modelle und die Animation durch die Stop-Motion-Technik sind fehlerhaft, man sieht unsaubere Klebekanten und die Dinge laufen eigenartig durchs Bild. Aber eine Perfektion ist nicht erwünscht, die Tatsache, dass alles eine Reproduktion ist, soll sichtbar sein.
Die einzelnen Kurzfilme werden gleichzeitig und nebeneinander auf mehreren Monitoren zu sehen sein. Diese Präsentation erinnert an eine Bilderausstellung und zeigt so ein Wechselspiel zwischen Film und Bild. Der Sound der Filme vermischt sich. Aber da die Geräusche an öffentlichen Orten in der Stadt oft sehr ähnlich sind, bereichern sie sich eher als dass sie sich stören.

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